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Titelliste

 

ZeiT.
Notausgang
Herbstmanöver
Söldner der Gegenwart
HipHop Invention Nr.6
Kein Beweis
HipHop Invention Nr.9
Sommerkind
Schwalbe
Erst einen Kaffee
Beifahrer der Belanglosigkeit
Postmodernes Arschloch
Herz

Wortfront - Lieder eines Postmodernen Arschlochs

17,00 €Preis
  • alle Texte

    Texte/ Lyrics
     

    ZeiT. 
    Text und Musik: Roger Stein
     

    Zeit zu kommen, Zeit zu gehen, und auch Zeit was zu verpassen
    Zeit zu eilen, zu verweilen, und die Weihnachtszeit zu hassen
    Zeit ist Geld, aber Geld nicht Zeit, und schnell kann Deine Zeit ablaufen
    denn Zeit kann man nur besitzen, aber Zeit kann man nicht kaufen

    Zeitlöcher, Zeitverschiebung, Zeitzigarren wie bei ‚Momo’
    Und Zeit ihres Lebens wäscht meine Oma nur mit OMO
    Und ich schreib ihr zum Geburtstag noch schnell ein paar Gedichte
    Denn bald ist meine Oma auch schon wieder Zeitgeschichte

    Ich brauch Zeit, um meine Zeit zu leben, 
    ich brauch Zeit, um Dir von meiner Zeit zu geben
    Ich brauch Zeit, um ein bisschen zu verweilen 
    und das kleine bisschen Zeit mit deinem bisschen noch zu teilen
    Ich brauche Zeit, um all die Menschen anzuseh’n, 
    ich brauche Zeit, um diesen Weg mit Dir zu geh’n
    Ich brauche Zeit, um noch soviel zu probieren, 
    denn wenn ich schon mal hier bin, will ich doch auch was riskieren

    Zeit zu geben, Zeit verlieren und auch manchmal Zeit gewinnen
    Doch willst Du sie besitzen, wird sie Dir wie Staub zerrinnen
    Und bin ich auch mal langsam, brauch ich mich hier nicht zu schämen
    Denn ich bin fest entschlossen mir auch meine Zeit zu nehmen

    Und ich ras nicht durchs das Dasein wie die Tour de France in Bestzeit
    Denn ich brauche meine  Chance und ich brauch ein bisschen  Restzeit
    und Rastzeit, um auch in Ruhe mal zu rasten
    Und nicht an allem Schönen nur gehetzt vorbei zu hasten

    Denn meine Zeit zerrinnt und mein bisschen  Zeit zerstiebt
    Und wenn ich übern Fluss geht, wo es keine Zeit mehr gibt
    Wird man mich fragen, und dann muss ich’s endlich wissen
    Hab ich meine Zeit genützt und wie viel Zeit hab ich verschissen

     

    Ich brauche Zeit, um meinen Sand zu sieben, 
    ich brauche Zeit, Zeit um Dich zu lieben
    Ich brauche Zeit, um dieses grüne Gras zu schmecken, 
    denn ich will auf diesem Stern mit Dir so Vieles noch entdecken
    Ich brauche Zeit, um noch ein bisschen hier zu bleiben, 
    ich brauche Zeit, um dir noch dieses Lied zu schreiben
    Ich brauche Zeit, um mit dir hier zu leben, 
    ich brauche Zeit, um dir noch soviel Zeit zu geben

    Ich brauche Zeit – 
    Nicht Ewigkeit – Nur Zeit...



    Sei bereit, denn das ist deine Zeit

    Deine Zukunft und Vergangenheit, drum nütze die Gelegenheit
    Und breit sind die Strassen dieser Welt
    Und als Regenschirm geb’ ich dir das ganze Himmelszelt

    Und dann zählst du ein paar Leichen und die Wanduhr tickt im Flur
    Und stur rinnt der Sand durch Deine Lebensuhr
    Ach nur noch ein bisschen diese schöne Welt zu trinken
    Und die Arme auszubreiten und der Sonne zuzuwinken

    Wir brauchen Zeit, und wir lassen uns nicht blenden
    Wir brauchen Zeit, und wollen keine Zeit verschwenden
    Wir brauchen Zeit, um ganz in uns zu fliessen
    Denn wir wollen jeden Tag auf dieser Erde noch geniessen
    Wir brauchen Zeit, Zeit für unsere  Gedanken
    Wir brauchen Zeit, um hier noch soviel Licht zu tanken
    Wir brauchen Zeit, und wir gehen Querfeldein
    Denn wir brauchen einfach Zeit, um noch ein bisschen hier zu sein...

     

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - Wortfront 2006
    Solo-Cello: Orfeo Mandozzi
    Gesang: Sandra Kreisler & Roger Stein

     

     

    Notausgang
    Text & Musik: Roger Stein

     

    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...
    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...

    Mein Plattenspieler hängt seit Jahren in der gleichen Rille
    und ich spiele immer nur den alten Song
    und dann schluck täglich meine Psychopille
    und er singt „we will be strong“
    In der Ecke liegen ein paar leere Flaschen
    und fremde Zeichen stehen an der Wend
    und ich hab’ ne Hand voll Schmerz in meinen Taschen
    aber noch ein Häufchen Hoffnung in der Hand

    Eine Frau hängt ihre Sehnsucht an die Wäscheleine
    und ihren Mann hängt sie gleich daneben auf
    aber bald ist wieder einmal Weihnachten
    auch wenn ich jetzt schon Ostereier kauf
    und ich setze meine Träume in ein Gummiboot
    und schick sie weit, weit übers Meer
    doch plötzlich hab ich Angst, dass ich was versäume
    und dann rudere ich ihnen hinterher

    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...
    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...

    Eine Fangfrage fängt sich in sich selber
    Und der Kenner kennt sich selber nicht mehr aus
    Und das tausendfach Ungesagte
    will über eine schmale Zunge raus
    Ein einsamer alter Demonstrant
    verunsichert die ganze Innenstadt
    auch wenn die Sonderpolizei
    schon alles abgeriegelt hat

    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...
    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...

     

    Im Vorraum meiner Seele sitzt ein Fremder
    Und ich wate sinnlos durch die Zeit
    schlag die Tage und die Jahre breit
    Im Sperrfeuer der Wirklichkeit
    Ich hab öden alten Sand im Hirngetriebe
    Und Du definierst mir Liebe...

    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang
    Da klemmt bei mir ein Nervenstrang, ich kriege heute kein’ Empfang
    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...
    Ich gehe so mein Hirn entlang und such nach einem Notausgang...

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs – Wortfront 2006

     


    Herbstmanöver
    Text & Musik: Roger Stein

     

    Der Sommer war ne grosse Zeit, 
    und gestern war’s noch heller
    Die Tage werden halb so breit, 
    die Schatten steigen schneller

     

    Die warme Sicherheit kommt lau und weich ins Wanken 
    Der Herbst rammt dem Sommer seine Farben in die Flanken
    Die Welt wird wieder bunter 
    und trennt sich vom Ballast
    am Strand verharrt noch tapfer 
    ein letzter Badegast
    Die Sonne verpasst 
    dem Korn die letzte Beizung
    Der deutsche Hobby-Bastler repariert noch seine Heizung
    Mit Baumarkt – 
    weil’s gut werden muss
    Ein kurzes Liebesglück 
    verpasst 
    den letzten Kuss
    Denn wenn die Tage dunkeln wird die Leichtigkeit zu Last
    Und manches neue Paar stellt fest, dass es nicht zusammenpasst
    Die Wohnung ist zu klein 
    für ne Liebe, die nicht stimmt
    So bleibt man nun allein, 
    der nächste Sommer kommt bestimmt

     

    Herbstmanöver – versperrt sind Tür und Gärten
    Herbstmanöver – man besinnt sich auf die Härten
    Herbstmanöver – Gedanken sind verworr’n
    Doch der Alltag, der Alltag, kommt zäh und kahl von vorn

     

    Die Früchte hängen schwer und reifen wieder um die Wette
    Es duftet nach Vernichtung als Teil der Lebenskette
    Blicke werden trüber,  
    Strassen stehen breiter
    Ein Schwalbenschwarm macht Station 
    und fliegt gleich wieder weiter
    Die Natur geht in Totale, in ein letztes grosses Bäumen
    Wir saufen uns den Bauch noch voll mit uns’ren Jugendträumen
    und andern Illusionen, 
    denn die Nächte werden kälter
    nie mehr so intensiv,
     – wir werden älter
    Freuden kriegen Ecken und sie schneiden tiefe Falten
    Die letzten Sommerreste 
    verrecken in den Spalten
    Im Tiefflug hetzen Winde 
    und künden von Vollstreckung
    Ein müder Optimismus, klärt sich ab – und geht in Deckung.

     

    Herbstmanöver – versperrt sind Tür und Gärten
    Herbstmanöver – man besinnt sich auf die Härten
    Herbstmanöver – Gedanken sind verworr’n
    Doch der Alltag, der Alltag, kommt zäh und kahl von vorn

     

    Das Jahr zählt seine Tage 
    und es sehnt sich schon nach Wende
    Und auch für verklemmte Spanner 
    geht jetzt die Saison zu Ende
    Die Blätter und die Hoffnung 
    flattern fatalistisch nieder
    Die Selbstmordraten steigen 
    statistisch endlich wieder

    In den Gassen räumen Wirte ihre Bänke in den Keller
    Die Landschaft atmet aus, der Puls der Stadt wird wieder schneller
    Ganz Europa wirft sich in die vertraute Arbeitsweste
    Der graue Alltag hat uns hochgebracht - vielleicht ist der für uns das Beste?
     

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschloch – wortfront 2006

    Gesang: Sandra Kreisler
    Solo-Cello: Séverine Ballon
     

     

    Söldner der Gegenwart
    Text und Musik: Roger Stein

     

    Ich bin immun gegen Titten, die für irgendein Produkt steh’n
    Ich bin immun gegen Träume, die bei Tageslicht geduckt geh’n
    Ich bin immun gegen Ideale, denn die sterben als Parole
    Ich bin immun gegen Günther Jauch, und den Traum der grossen Kohle
    Ich bin immun gegen Regen, ich werde nicht mal nass
    Ich bin immun gegen Liebe, denn auch die will immer was
    Ich bin immun gegen Menschen, weil die immer was bezwecken
    Ich bin auch dann immun, wenn sie neben mir verrecken

     

    Runter auf den Boden der Fakten
    ich hab keine Zeit für das Spiel mit dem Abstrakten
    bleibe immer smart, aber hart, Feuer frei und volle Fahrt
    denn ich bin ein Söldner der Gegenwart
    Runter auf den Boden der Fakten...

     

    Ich bin immun gegen Winde, denn die wollen dich nur lenken
    Ich bin immun gegen Gedanken, wenn sie and’re denken
    Ich bin immun gegen Leben, denn das führt ja nur zum Tod
    Ich bin immun gegen Werbung und jedes Sonderangebot
    Ich bin immun gegen Lachen, danach kommen die Tränen
    Ich bin immun gegen Sitcoms, die bringen mich zum Gähnen
    Immun gegen Kuschelrock und angepassten Show-Pop
    Denn geb’ ich Euch hier einen postmodernen Blow-Job

     

    Runter auf den Boden der Fakten
    ich hab keine Zeit für das Spiel mit dem Abstrakten
    bleibe immer smart, aber hart, Feuer frei und volle Fahrt
    denn ich bin ein Söldner der Gegenwart
    Runter auf den Boden der Fakten...

     

    Überall da draussen  auf den breiten Pisten
    Schiessen sie mit Träumen  auf wehrlose Zivilisten,
    versprechen dir für ein paar Cent die grosse Offenbarung
    Doch Sicherheit, ist nur für meine Zweifel neue Nahrung
    Und ich trage meine Klugscheisse bis ins Eulennest
    Und halte mich am Rest von ein paar Säulen fest
    Mein Herz hab ich zu Hause, 
    aber mein Verstand ist hart
    denn ich bin ein Söldner der Gegenwart

     

    Runter auf den Boden der Fakten
    ich hab keine Zeit für das Spiel mit dem Abstrakten
    bleibe immer smart, aber hart, Feuer frei und volle Fahrt
    denn ich bin ein Söldner der Gegenwart
    Runter auf den Boden der Fakten...

     

    (Aus: Lieder eines Postmodernen Arschloch – wortfront 2006)
     

     

     

    Kein Beweis
    Text und Musik: Roger Stein

    Dass ich atme, ist noch kein Beweis, dass ich auch leb
    Dass mein Herz schlägt, kein Beweis, dass ich auch beb
    Dass ich was kriege, kein Beweis, dass ich’s was erstreb
    Dass ich wohin komm, kein Beweis, dass ich irgendwas beweg

    Dass ich mich bücke, kein Beweis, das ich mich duck
    Dass es mich kratzt, kein Beweis, dass es mich auch wirklich juckt
    Dass ich nicht kotze, kein Beweis, dass ich nicht vieles schluck
    Dass ich keinen Stein werf’, kein Beweis, dass ich nicht spuck

    Dass ich gehe, ist noch kein Beweis für ein Wohin
    Und ein Grund war noch nie ein Beweis für einen Sinn
    Dass ich komme, kein Beweis für ein wovon und ein woher
    Und von dem einen viel, ist noch kein Beweis für mehr

    Dass ich renne, kein Beweis, dass ich nicht lauf
    Dass ich mich anstell’,  kein Beweis, dass ich was kauf
    Dass ich schwimme, kein Beweis, dass ich nicht hier ersauf
    Und dass ich warte, ist noch kein Beweis für irgendein worauf

    Bleibe in Bewegung – stell die Schuhe stets bereit. 
    Ein paar warme Socken sind noch keine Sicherheit
    Bleibe in Bewegung – egal was auch passiert. 
    Irgendwer hat dich als Verlust bereits kalkuliert

    Dass du nicht blind bist, kein Beweis, dass Du was siehst
    Dass etwas nass ist, kein Beweis, dass es auch fliesst
    Dass Du was säst, kein Beweis, dass deine Saat auch spriesst
    Dass einer anlegt, kein Beweis, dass er auf wen Ander’n schiesst

    Dass einer fragt, kein Beweis, dass er’s sich nicht einfach nimmt
    Dass der Bildschirm etwas sagt, ist kein Beweis, dass es auch stimmt
    Dass einer lächelt, kein Beweis, dass er nicht auch heimlich grinst
    Dass er dir was leiht, kein Beweis, dass er’s nicht verzinst

    Dass dir wer hilft, ist kein Beweis, dass er dich auch wirklich stützt
    Dass dich wer braucht, ist kein Beweis, dass er dich nicht nur benützt
    Dass jemand reich ist, kein Beweis, dass er selber dafür schwitzt
    Dass jemand stark ist, kein Beweis, dass er Dich im Notfall schützt

    Bleibe in Bewegung – stell die Schuhe stets bereit. 
    Ein paar gute alte Freunde sind längst keine Sicherheit
    Bleibe in Bewegung – egal was auch passiert. 
    Irgendwer hat dich als Verlust bereits kalkuliert

    Dass jemand steht, ist kein Beweis, dass er niemals lag
    Dass er was schafft ist kein Beweis, dass man’s selber auch vermag
    Dass Du allein bist, ist noch kein Beweis, dass dich keiner mag
    Dass es Nacht ist, ist noch kein Beweis für einen neuen Tag.

    Dein Versteck ist kein Beweis, dass ich’s nicht benenn’
    Dass ich Angst hab, kein Beweis, dass ich deswegen renn 
    Dass ich kühl bleib, kein Beweis, dass ich nicht wirklich brenn
    Und dass ich dich liebe - kein Beweis, dass ich dich kenn

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006

    Gesang: Sandra Kreisler

     

     

    Sommerkind

    Text & Musik: Roger Stein

    Sie ist anders als die andern, und ihre Sprache geht weit an uns vorbei
    Doch wenn sie lächelt, lächelt sie mit Leichtigkeit dir dein ganzes Herz entzwei
    Ihre Liebe verstreut sie filterlos – wie der Tag sein täglich Licht
    Und die paar grauen, fremden Blicke fallen gar nicht ins Gewicht
    Ihre Welt kennt tausend Farben, und die sind vom Nutzwert frei
    Und wenn sie strauchelt, und wenn es regnet, es regnet an ihr vorbei

    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind 
    Wie’s die meisten Menschen nicht mal mehr im Sommer sind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind
    Und sie hängt ihr leises Lächeln in den Sommerwind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind

    Sie sieht stundenlang nur die Wolken an und jede hat ihr eigenes Gesicht
    Schönheit ist ein Teil von Relativität, nur wir – wir sehn das nicht
    Sie lebt nach keinem Plan, nach keiner Strategie, pflückt nur vom Augenblick die Späne
    Sie weiss, selbst wenn es einen Gott gibt, der lacht nur über Pläne
    Aber auch dort wo’s für uns nichts gibt, nimmt sie immer etwas wahr
    In jeder Stille gibt es Töne, leise, unhörbar


    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind 
    Wie’s die meisten Menschen nicht mal mehr im Sommer sind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind
    Und sie hängt ihr leises Lächeln in den Sommerwind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind

    Sie hat keine Funktion im Gesamtsystem: Sie ist nur weil sie ist
    Es gibt niemand, der sie braucht, der sie benützt 
    aber auch niemand, – der sie vermisst

    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind 
    Wie’s die meisten Menschen nicht mal mehr im Sommer sind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind
    Und sie hängt ihr leises Lächeln in den Sommerwind
    Sie ist ein Sommerkind, 
    sie ist ein Sommerkind

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006
    Solo-Cello: Séverine Ballon

     

     

    Schwalbe
    Text & Musik: Roger Stein

    Du bist Du, hast Du geglaubt, und so wie Du ist sonst hier keine
    Doch irgendwann erkennst Du, Du bist auch nur irgendeiner
    Von den Abermillionen, die auf diesem Erdball leben
    Hier wohnen wie die Drohnen an ihrem kurzen Leben kleben

    Du träumst doch stets davon als Mister Spok die Welt zu retten
    Und möchtest doch nichts andres, als Dich gemütlich betten
    Und wie Ketten hängen Deine Träume an dir dran
    und weil Du nichts zu Ende bringst, fängst Du auch gar nichts an

    Man kann ja nicht alles, und gar nichts ist genug
    Und Du denkst Dir, Du bist glücklich, doch das ist nur Betrug
    Und der Zug des Lebens rast im Flug an Dir vorbei
    Es ist Dir einerlei – denn Du weißt, Du bist nicht frei

    Du weißt, Du kannst nicht fliegen...
    Du weißt, Du kannst nicht fliegen
    Du stehst verlassen auf der Landebahn
    Und schaust Dir ein paar Schwalben an
    Die sich in den Lüften wiegen
    Aber Du kannst nicht fliegen

    Alle Wasser fliessen irgendwann ins Meer
    Doch Du weinst nicht mal mehr deinen Tränen hinterher
    So sehr bist du schon leer – oder sagt man Realist?
    Alles Worte, die umschreiben, dass man schwer geworden ist

    Dass man wer geworden ist, der auf festen Beinen steht
    Dem nicht mehr jeder Sommer leicht und leis’ das Herz verdreht
    Der Schmerz verweht, und mit ihm auch dein Lieben
    Und nur Du allein bist hier zurückgeblieben

    Du weißt, Du kannst nicht fliegen...
    Du weißt, Du kannst nicht fliegen
    Du stehst verlassen auf der Landebahn
    Und schaust Dir ein paar Schwalben an
    Die sich in den Lüften wiegen
    Aber Du kannst nicht fliegen

    Zäh ist der Staub, und das Laub zu deinen Füssen…
    Und irgendjemand lässt dich aus dem Urlaub herzlich grüssen
    Und so ziehst du deine Kreise 
    Und du weißt, du wirst nie weise
    Und denkst Dir leise: Ich bin ja doch nur auf der Durchreise

    Du weißt, Du kannst nicht fliegen...
    Du weißt, Du kannst nicht fliegen
    Du stehst verlassen auf der Landebahn
    Und schaust Dir ein paar Schwalben an
    Die sich in den Lüften wiegen
    Aber Du kannst nicht fliegen

    (Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006)
    Gesang: Sandra Kreisler

     


    Erst einen Kaffee
    Text & Musik: Roger Stein


    Man sollte sich viel mehr engagieren
    Man sollte Meinung nicht kopieren
    Man sollte selber reflektieren
    – Aber das ist nicht so leicht

    Man sollte politisch wacher bleiben
    Man sollte Selbst-Kritik betreiben
    Für den Regenwald was unterschreiben
    – auch wenn es manchmal reicht

    Man sollte seinen Schiller kennen
    Man sollte die Dinge beim Namen nennen
    Man sollte auch den Abfall trennen
    – Und zwar einwandfrei

    Man sollte das Fahrrad gut anketten
    Man sollte nicht auf Pferde wetten
    Und sollte diese Erde retten
    – aber das nur nebenbei

    Lass mich bitte mal in Ruhe und sei einfach einmal still
    Es gibt so Vieles, was man sollte, und so wenig, was man will

    Doch ich will erst mal nen Kaffee – 
    Ich will erst mal nen Kaffee
    Einen Kaffee und zwei Zucker und ein Frühstücksei
    Und danach bin ich sicherlich auch gern dabei

    Ich will erst mal nen Kaffe – 
    ich will erst mal nen Kaffee
    Einen Kaffee und ein Croissant mit etwas Butter dran     
    Und danach bin ich bereit und packe gleich mit an              
      

    Man sollte den Optimismus hissen
    Man sollte nicht an Bäume pissen
    Man sollte Omas Geburtstag wissen
    –            zumindest dieses Jahr

    Man sollte die Konsumsucht zügeln
    Man sollte Schwarze nicht verprügeln
    Man sollte die Hemden richtig bügeln
    – das ist ja allen klar

    Man sollte öfters offen sein
    Bei Tsunamis echt betroffen sein
    Sollte weniger besoffen sein
    – was ja leider selten geht

    Man sollte Krisen überwinden
    Und Tierversuche unterbinden
    Ich will erst mal einen Parkplatz finden
    – wir sind schon jetzt zu spät

    Lass mich bitte mal in Ruhe und sei einfach einmal still
    Es gibt so Vieles, was man sollte, und so wenig, was man will

    Doch ich will erst mal nen Kaffee – 
    Ich will erst mal nen Kaffee
    Einen Kaffee nen BMW, und nen Garten und ein Haus
    Und danach schaut’s bei mir im Kalender besser ausDoch ich will erst mal nen Kaffee – 
    Ich will erst mal nen Kaffee
    Erst einen Kaffee und einen Sitz in einem Aufsichtsrat
    Und danach bin ich bereit und schreite gleich zur Tat

    Mach bitte keinen Aufstand und mach nicht so nen Krach
    Ich bin erst knappe 30 – da ist man noch nicht wach
    Die paar Gewissensbisse reichen mir noch nicht zur Scham
    Man kümmert sich eben erst mal um den eignen Kram

    Und um die Rüben und Radieschen im eignen Gartenbeet
    Es ist vieles zu abstrakt – doch Radieschen sind konkret
    Sag, wie machen das die andern – die ich alle um mich seh
    Ich hege den Verdacht, die wollen alle …

    Erst mal nen Kaffee – 
    wir wollen erst mal nen Kaffee
    Einen Kaffee, einen Bonus und mein Urlaubsgeld
    und danach retten wir die ganze Welt

    Erst mal nen Kaffee – 
    Erst mal nen Kaffee
    Erst einen Kaffee und eine Rente und ne Sicherheit
    Und danach sind auch wir endlich zur Tat bereit

    Ich will erst mal nen Kaffee – 
    ich will erst mal nen Kaffee
    einen Kaffee und ein Penthouse in der Innenstadt
    doch davor sind meine Kräfte leider furchtbar matt

    Ich will erst mal nen Kaffee – 
    ich will erst mal nen Kaffee
    Einen Kaffee und im Alter meine Enkel sehn
    Und danach ist es zu spät – dann muss ich eh schon gehen


    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006

     

    Beifahrer der Belanglosigkeit
    Text und Musik: Roger Stein

    Ein schneller Händedruck – ein Gruss – sag locker: CU
    He did it his way – and that’s the way we do
    Ein Blick, der nichts bedeutet, ein Kaffee noch Steh’n
    Man schickt ein leeres Lächeln im Vorüber geh’n

    Um die Augen unterdrückt noch ein Muskel, eine Regung 
    Wir müssen wieder weiter – bleiben immer in Bewegung
    Ein paar junge starke Krieger steh’n versprengt am Horizont
    Und sehnen sich vergeblich nach einer klaren Front

    Denn ein bisschen Selbstentfaltung, partielle Selbstgestaltung
    Ist doch unser gutes Recht auf menschlich-artgerechte Haltung
    Auch wenn die eigne Sehnsucht aus dem Herzen emigriert
    Nein, ich hab keine Zweifel  – ich bin super motiviert.

    Wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit
    für den Hunger unserer Seelen gibt’s kein Brot mehr
    Wir sind innerlich steril, 
    doch unser Zustand bleibt stabil
    Es gibt kein Ziel bei diesem Spiel 
    und wir erwarten auch nicht viel
    Denn wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit 
    Und rollen vorwärts, als ob alles im Lot wär
    Nur unsere Liebe ist unsre letzte Notwehr

    Was sollen wir bekämpfen, und was noch kritisier’n
    Kritik ist oft auch nur ein Weg um Verantwortung zu delegier’n
    Lass die Unersättlichen nach ihren Perlen tauchen
    Wir haben doch im Grunde alles, alles was wir brauchen

    Ein bisschen Sehnsucht zum verpfänden – und ein paar Taten an den Händen
    Die schmutzig machen
    Auf dem Dach erhängte Klagen – und ein paar verdrängte Fragen
    Die stutzig machen

    Ne Handvoll Treibsand fürs Getriebe – und ein halbes Kilo Liebe   
    zum selber Mischen
    ein Stück Mut mit Schweissschutzbrille – und ne Packung freier Wille 
    zum Arschauswischen

    Wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit
    für den Hunger unserer Seelen gibt’s kein Brot mehr
    Wir sind innerlich steril, 
    doch unser Zustand bleibt stabil
    Es gibt kein Ziel bei diesem Spiel 
    und wir erwarten auch nicht viel
    Denn wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit 
    Und rollen vorwärts, als ob alles im Lot wär
    Nur unsere Liebe ist unsre letzte Notwehr

    Unsre Vorsicht ist das letzte bisschen Rest – von unsrem Spürsinn
    Ich signalisier, dass ich eventuell „dafür“ bin
    Wenn wir das „wohin“ ungenauer definier’n
    Schliesslich will man sich doch nicht  durch Bedingungen blockier’n!

    Selbst ein guter alter Freund, der im Strom der Jahre abtreibt
    Ist doch nichts als ein Betrag, den man von der Steuer abschreibt
    Ja, wir waren einmal eng, und die Erinnerung ist schön
    Aber irgendwann muss jeder wieder seine Wege gehen

    Denn das ist unser Los. 
    Und das ist unsere kleine Zeit.
    Und wir haben eben Angst vor jeglicher Verbindlichkeit
    Wenn ich eine Gruppe wär, dann würde ich was schrei’n
    Doch in meinem Pass steht: „Du bist ganz allein“

    Wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit
    für den Hunger unserer Seelen gibt’s kein Brot mehr
    Wir sind innerlich steril, 
    doch unser Zustand bleibt stabil
    Es gibt kein Ziel bei diesem Spiel 
    und wir erwarten auch nicht viel
    Denn wir sind Beifahrer der Belanglosigkeit 
    Und rollen vorwärts, als ob alles im Lot wär
    Nur unsere Liebe ist unsre letzte Notwehr
     

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006
    Gesang: Sandra Kreisler
     

     

    Postmodernes Arschloch
    Text und Musik: Roger Stein
     

    Sind sie jung und dynamisch und verfügen über einen 
    eigenständig-zielorientierten Workflow, 
    mit kompetenter Kommunikationsfreudigkeit – 
    sowie über sicheres Auftreten und gewinnendes Äusseres
    mit natürlicher Autorität? 
    Sind sie begeisterungsfähig, spontan und belastbar 
    und bringen viel Eigeninitiative und hochmotivierte Teamfähigkeit mit? 
    Dann schicken sie uns ihre Bewerbung!

    Ich fahre BMW und fresse Hamburger vom Schwein
    Bin bei Greenpeace und beim WWF und schlaf dann ruhig ein
    Ich bin für Frieden und für Wale und ich bin auch Pazifist
    Aber bitte, bitte nur solang es auch rentabel ist

    Ich schwimm autonom im Strom und bin trotzdem eigenständig
    Ich bin immer nur Symptom und gegen jeden Einwand wendig
    Bin Consulter und Gestalter und Kreativ-Verwalter
    Ich bin ein zeitgemässer Prototyp und ein Ersatz-Platz-Halter

    Ich bin dynamisch wie ein Aalfisch und geistig polygamisch
    Denk mechanisch, amerikanisch und lebe sehr titanisch
    Bin flexibel, disponibel und ziemlich unsensibel
    Bin fungibel untangibel -  aber immer: KOMPATIBEL

    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    und ich sag euch jetzt wo’s lang geht
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    auch wenn Euch das doch gar nichts angeht!
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch             
    und sitz in jedem von Euch drin,
    weil ich so in Mode bin

    Ich bin demonstrativ, innovativ unglaublich produktiv
    Bin so kommunikativ, interaktiv, Fitnessaktiv
    Bin informiert und optimiert, computerkastriert, versiert
    Und meine Meinung kommt bereits vorformatiert

    Weil ich Verbissenheit und Zweifel schon von weitem in dem Bann schlag
    Bleib ich locker kompromissbereit – bis zum Anschlag
    Ich bin Soloplayer – aber Teamorientiert
    Laufe nicht ins Abseits: Ich bleib Mainstream-integriert

    Ich bin so trendig und bin wendig – überzeugter Allesfresser
    Ich mach alles besser, und ich laufe nicht ins Messer
    Bin Verdränger und Vergesser, ohne Restziele
    Ich bin ne lukrative Pestschwiele wie die Bayreuther Festspiele

    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    und ich sag euch jetzt wo’s lang geht
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    auch wenn Euch das doch gar nichts angeht!
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch             
    und sitz in jedem von Euch drin,
    weil ich so in Mode bin

    Ich hab ein Ego, das auf Flügeln, wie RedBull schwebt. 
    Loyalität, deren Wert gegen null strebt
    Bleibe relativ; Und halt die Augen offen 
    in Bezug auf ein Betrifft, -  doch ich bin niemals selbst betroffen
    Ich bin ne Variable – bin das X im Algorithmus, 
    trage immer nur den Wert, der im Schritt gerade mit muss.
    Ich bestech’ als Paradigma aus der Kraft meiner Beugung
    Ich bin der Mann ohne Eigenschaften, aber das mit Überzeugung!

    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    und ich sag euch jetzt wo’s lang geht
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch, 
    auch wenn Euch das doch gar nichts angeht!
    Ich bin ein Postmodernes Arschloch             
    und sitz in jedem von Euch drin,
    weil ich so in Mode bin

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006.
    Gesang: Sandra Kreisler & Roger Stein
     

     

    Herz
    Text & Musik: Roger Stein

    Ich bin es Dein Herz, und ich scherz nicht, wenn ich sage, merkst Du nicht
    wie leis ich nur noch poch  
    Ich weiss Du hörst nicht hin – und ich spreche doch
    Weißt Du überhaupt noch, dass es mich noch immer gibt?
    Du hast mich längst vergessen, hast so lang nicht mehr geliebt
    Ja, ich bebe und ich lebe, schiess’ das Blut in seine Bahn
    Doch für Dich bin ich doch lediglich ein pumpendes Organ
    Womit hab ich’s verdient, dein armes Herz zu sein
    Ich kann ja doch nur pochen, denn ich hab kein’ Mund zum schrei’n
    Tag aus und Tag ein, in Deiner engen Brust allein
    mich trifft kein Sonnenschein, denn Du lässt ihn ja nicht rein.
    Als Du noch ein Kind warst, bin ich noch hoch gesprungen
    Zusammen mit den Herzen von all den andern Jungen
    Und gesungen haben wir und konnten laut frohlocken
    Doch heute muss ich still in deinem dunklen Inner’n Hocken 
    Tränentrocken -  bin ich längst und stubenrein
    Ich habe es gelernt, ein erwachsenes Herz zu sein
    Misch mich nicht ein, sondern lehne mich nach Backbord
    Irgendwann trägt man uns beide dann im Sack fort
    Ich habe Schweigepflicht, auch wenn ich’s nicht tu
    Auch wenn ich nicht wie Milz und Magen nur die Pflicht tu
    Täglich meine 24 Stunden Schicht tu
    Ohne Aussicht auf ein Licht, das nur für Dich tu
    Mein Ruf verhallt und verstummt in deinen Venen
    Ich sag’s mit jedem Schlag, doch Du hörst es nicht, mein Sehnen
    Nach Lieben, nach Leben
    Mit ganz und gar geschenkt, an ein anderes Herz zu geben
    Willst Du mich allein besitzen, wirst du mich erst recht verlieren
    Denn in deinen engen Gittern werde ich schon bald erfrieren.
    Bin nicht gebaut -, in deiner Brust allein zu sein
    Es klopft sich soviel leichter, steigt ein anderes Herz mit ein
    Ich bin dein Urquell, bin dein Leben, dein Woher und Dein Wohin
    Und Du kannst nur glücklich sein, wenn auch ich es bin
    Schliesslich bin ich doch mit Dir in deinem eignen Leib geboren
    Aber du hast es verschissen und dein Herz für Dich verloren
    Ich bin müde – ach was soll ich Dir noch sagen
    Ich tu’s längst nur noch aus Pflicht, als Dein Herz für Dich zu schlagen
    Doch der Tag wird einmal kommen, wenn ich einfach nicht mehr will
    Und vielleicht kommst Du dann drauf: denn dann steh ich...

    Aus: Lieder eines Postmodernen Arschlochs - wortfront 2006

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